Diese Frage höre ich öfters. Meistens bezieht sie sich auf die Übungen aus dem Sexocorporel. Da gibt es Übungen mit dem Beckenboden, dem Becken und dem ganzen Körper – im Sitzen, Stehen, Liegen und Gehen. (Keine Bange: alle Übungen finden mit Kleidern und ohne sexuelle Erregung statt!).
Die Übungen wirken auf verschiedenen Ebenen:
Körperlich wird durch die Übungen z.B. die Durchblutung erhöht, Muskelgruppen in Ausgewogenheit gebracht, Beweglichkeit hergestellt, die Rumpfmuskulatur gestärkt und vieles mehr.
Psychisch geht es darum, die Aufmerksamkeit auf die körperlichen Vorgänge zu richten, die für sexuelles Erleben und Funktionieren notwendig sind. Wenn man Erotik nicht als Leistungssport definiert, geht es nicht nur um die Geschlechtsorgane – aber eben auch um diese.
Aufmerksamkeit – das Modewort dazu ist Achtsamkeit – auf körperliche Vorgänge zu richten, ist genau das Gegenteil von mechanischen Wiederholungen eintöniger Bewegungen. Deswegen geht es bei den Übungen nicht darum, möglichst viele Wiederholungen in möglichst kurzer Zeit zu „packen“, sondern darum, ein Gespür für die Bewegungen aufzubauen.
Psychologisch betrachtet schafft das eine Verbindung zwischen Funktionieren und Empfinden, zwischen Körper und Psyche. Es geht also nicht darum, dass Sie etwas „können“, sondern darum, dass Sie etwas „sind“, und dass genau jenes durch und mit ihrem Körper zum Ausdruck kommt – verkörpert wird. Das nennt sich Embodiment (Verkörperung).
Zum Beispiel: Es ist schwer, sich männlich zu fühlen, wenn mann Erektionsstörungen hat. Andersrum: wer sich nicht männlich fühlt, verkörpert das auch: entwickelt z.B. Erektionsstörungen. Dabei geht es nicht um Ursache und Wirkung. Entscheidend ist die Wechselwirkung zwischen dem Bewusstsein und dessen Verkörperung. (Den Betroffenen ist es ziemlich egal, was zuerst war: Hauptsache ihr Problem wird gelöst.)
Diese Wechselwirkungen zwischen Körper und Psyche, zwischen Wahrnehmen, Fühlen, Denken und Handeln macht sich die Körpertherapie zu nutze. Die Zusammenhänge sind inzwischen auch bestens erforscht. Wer es ganz genau wissen will, ob und welchen Nutzen diese Körperübungen haben, dem sei folgendes Buch empfohlen: «Embodiment. Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen.» Auch wenn es um wissenschaftliche Erkenntnisse geht, ist das Buch gut zu lesen. Vier Autoren aus verschiedenen Disziplinen integrieren ihre Sichtweisen: Maja Storch, Benita Cantieni, Gerald Hüther und Wolfgang Tschacher.